ÖÄK: Fünf-Punkte-Plan für modernes Gesundheitsdaten-Management
ÖÄK, Digitalisierung
Die Österreichische Ärztekammer hat in einer heutigen Pressekonferenz Maßnahmen für den zukünftigen Umgang mit Gesundheitsdaten präsentiert.
„Wir haben ein herrliches Schnitzel vor uns, bekommen zum Essen aber nur einen Löffel“, so stellt sich der Umgang mit ELGA im Ordinationsalltag oft dar, schilderte Dietmar Bayer, stellvertretender Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte die aktuelle Situation in der heutigen Pressekonferenz. Zahlreiche Anwendungen der elektronischen Gesundheitsakte würden so viel Potenzial und technische Spitzenklasse mitbringen, allerdings mangele es dann gewaltig an der Umsetzung. Ärztinnen und Ärzte müssten eingebunden werden, betonte Bayer. Ein Positivbeispiel sei für ihn der e-Impfpass, der mit tatkräftiger Unterstützung der Ärzteschaft in nur einem halben Jahr auf Schiene gebracht wurde.
Drei staatliche IT-Firmen sind zu viel
Unverständlich sei nach wie vor, warum gleich drei staatliche
IT-Firmen an der Entwicklung von e-Projekten im Gesundheitswesen
arbeiten: „Das ist, als ob man drei Gesundheitsministerien hätte, die
alle mit unterschiedlichem Wissenstand unterschiedliche und manchmal
auch überlappende Bereiche abdecken“, kritisierte Bayer. Aktuell gebe
es die ELGA GmbH, die zu je einem Drittel Bund, Länder und
Sozialversicherung gehört, die IT-SV, eine Tochter der SV-Träger und
die SVC, die eine hundertprozentige Tochter des Dachverbands ist.
„Aber wir haben auch den Fall, dass zum Beispiel die ELGA GmbH für die
e-Medikation zuständig ist, während wiederum das e-Rezept ein Projekt
der SVC ist. Dass diese Konstellation gerade in der aktuellen
Situation, in der das e-Rezept die e-Medikation als Tool für die
kontaktlose Medikamentenverschreibung ablöst, Probleme mit sich
bringt, kann sich wohl jeder vorstellen“, so Bayer. Er erinnerte zudem
daran, dass in den aktuellen EU-Plänen für den Europäischen
Gesundheitsdatenraum EHDS eine digitale Gesundheitsbehörde
verpflichtend vorgesehen sei. Das müsste in die aktuellen
Finanzausgleichsverhandlungen mit bedacht werden. Bestens geeignet
wäre etwa die Gesundheit Österreich GmbH, die schon jetzt in ihrer
Eigendefinition das nationale Forschungs- und Planungsinstitut für das
Gesundheitswesen sowie zentrale Stelle für Gesundheitsförderung ist
und als Alleingesellschafter die Republik Österreich stehen hat.
Digitalisierungsoffensive für Spitäler
Die elektronische Gesundheitsakte (ELGA) sei nach wie vor alles
andere als eine deutliche Arbeitserleichterung, sagte Harald Mayer,
Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann
der angestellten Ärzte. Ärztinnen und Ärzte würden viel zu viel Zeit
vor dem Computer mit der Suche von Befunden und weiteren Daten
verbringen. Die Folge: „Umfragen unter Spitalsärzten zeigen immer
wieder, dass mehr als 70 Prozent ELGA nicht als nützlich oder
hilfreich wahrnehmen“, sagte Mayer. Denn in den Spitälern, aber nicht
nur dort, sei Effizienz angesichts des Personalmangels und des hohen
Patientenaufkommens ein wichtiges Gebot. Die Idee der elektronischen
Gesundheitsakte sei richtig, sie müsse nur gut umgesetzt werden: „Wenn
das handschriftliche Ausfüllen einer Patientendatei schneller und
besser funktioniert, als ELGA, dann stimmt etwas nicht“, sagte Mayer.
Entwicklung und Umsetzung sollten aus Sicht der Österreichische
Ärztekammer endlich in einer Hand ablaufen anstatt wie bisher auf
mehrere Unternehmen verteilt. Mayer bot für jegliche Initiativen zur
Verbesserung die Unterstützung der Ärztekammer an und begrüßte die von
Gesundheitsminister Johannes Rauch bereits im Februar angekündigte
Digitalisierungs-Initiative im Gesundheitswesen. „Der Ausbau der
Digitalisierung darf aber auf keinen Fall dazu verführen, beim
Personal einzusparen, die allfällig freiwerdenden Ressourcen müssen
für die Patientenversorgung genutzt werden.“
Fünf-Punkte-Plan
Harald Schlögel, geschäftsführender Vizepräsident der
Österreichischen Ärztekammer, betonte einmal mehr, dass die
Ärzteschaft der Digitalisierung aufgeschlossen gegenüberstehe. Als
Hauptanwender von digitalen Tools brauchen Ärztinnen und Ärzte
natürlich Werkzeuge, die funktional, zuverlässig, sicher und nützlich
sind. Das sei nur gewährleistet, wenn die Anwender auch in die
Entwicklung eingebunden werden. „Wir haben es in den vergangenen
Jahren wirklich oft erlebt, dass uns Tools vorgesetzt wurden, bei
denen auf den ersten Blick ersichtlich war, dass diese niemals in den
Ordinationsalltag integrierbar sind“, sagte Schlögel. Für die Zukunft
im Umgang mit Gesundheitsdaten brauche es daher folgende Maßnahmen:
- Zusammenführung der drei staatlichen IT-Firmen unter ein Dach und Schaffung einer digitalen Gesundheitsbehörde, wie im EHDS vorgesehen, idealerweise wäre das die Gesundheit Österreich GmbH. Die Stelle muss mit genügend Finanzmitteln ausgestattet werden, um ihren Aufgaben auch nachkommen zu können
- Einbindung der Ärzteschaft in alle e-Projekte und auch in die neue Diagnosecodierung.
- Digitalisierungsoffensive für Spitäler, die Ärztinnen und Ärzte entlastet. Verbesserung und Finanzierung der digitalen Schnittstellen zwischen intra- und extramuralem Bereich
- ELGA-Optimierung durch Einführung einer Patient Summary mit Sortier- und Filterfunktion statt des bisherigen pdf-Friedhofs.
- Schaffung der Auswertungsmöglichkeiten von Gesundheitsdaten für rein wissenschaftliche Zwecke bei garantierter Datensicherheit und ethischer Prüfung. Datenschutz darf keine Ausrede sein, gar nichts zu tun.