Vorarlberg, Spitalswesen

Bei der großen Enquete der Vorarlberger Spitalsärztinnen und -ärzte am gestrigen Donnerstagabend versammelten sich mehr als 200 Kolleginnen und Kollegen aus den Vorarlberger Krankenhäusern, um über die derzeitige Arbeitssituation in den Vorarlberger Spitälern zu diskutieren. Gemeinsam fordern die Ärztinnen und Ärzte die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, marktkonforme Gehälter im Vergleich zu anderen Bundesländern wie Steiermark oder Burgenland und den Ausbau von Entwicklungs- sowie Karrieremöglichkeiten.

Die Aula im Krankenhaus Dornbirn war bis auf den letzten Platz gefüllt als zunächst die Referenten Stefan Groß, Thomas Steurer und Vizepräsident Hermann Blaßnig die derzeitige Situation in den Vorarlberger Krankenhäusern analysierten. Die Ergebnisse einer Umfrage in den Vorarlberger Krankenhäusern unter dem Titel „Zfrieda schaffa im Krankahus“ zeigten deutlich auf, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor allem eine Dienstplansicherheit enorm wichtig ist. Auch das Thema der weit überdurchschnittlichen Arbeitsbelastung wurde im Rahmen der Enquete ausgiebig diskutiert und die vorherrschende Meinung verdeutlichte, dass das System am Limit ist. Rund ein Drittel der Ärztinnen und Ärzte gaben an, dass sie monatlich mehr als 20 Überstunden leisten müssen.

„Die Ärztebedarfsstudie hat aufgezeigt, dass 135 ausgebildete Ärztinnen und Ärzte bis ins Jahr 2030 zusätzlich benötigt werden, nur um den Status Quo der medizinischen Versorgung in Vorarlberg halten zu können. Die derzeitig herrschende Stimmung an den Spitälern verdeutlicht, dass wir dringenden Handlungsbedarf haben. Es ist fünf vor Zwölf“, erklärt Vizepräsident Hermann Blaßnig. „Wir haben Personalengpässe in allen Bereichen. Wenn wir nicht schleunigst handeln, verlieren wir den Anschluss“. Hinzu kommt eine unlängst von der Österreichischen Ärztekammer durchgeführte Ausbildungsevaluierung, die der Ausbildungsqualität in Vorarlberg derzeit ein äußerst schlechtes Zeugnis ausstellt. Man liegt unter dem österreichweiten Schnitt und laut der Ergebnisse weit hinter der benachbarten Schweiz. Für den Standort Vorarlberg ein enormer Nachteil, da das Werben um Fachkräfte im Dreiländer-Eck generell sehr umkämpft ist.

Eine Gehaltsreform im Spitalssektor ist dringend nötig
Die letzte Gehaltsreform im Spitalssektor liegt bereits zehn Jahre zurück. Das Gehaltssystem ist am Markt nicht mehr konkurrenzfähig. Vor kurzem haben die Bundesländer Steiermark und Burgendland ihre Grundgehälter um bis zu 30 Prozent erhöht. „Im Laufe einer dreißigjährigen Berufskarriere verdient eine Fachärztin oder Facharzt in der Steiermark, wenn man die Grundgehälter vergleicht, rund € 570.000 und im Burgenland € 745.000 € mehr als in den Vorarlberger Landeskrankenhäusern“, verdeutlicht Hermann Blaßnig. „Berücksichtigt man dann noch, dass die Lebenshaltungskosten in Vorarlberg durchschnittlich um 55 % höher sind, kommt man schnell zu dem Ergebnis, dass es so kaum möglich ist, medizinisches Personal, welches nicht in Vorarlberg verwurzelt ist, im Land zu halten sowie zusätzliche Ärztinnen und Ärzte für die Vorarlberger Krankenhäuser zu gewinnen“. Speziell die Fachärztinnen und -ärzte, die die Hauptlast der medizinischen Ausbildung der Jungärzte im Land tragen, wurden in den letzten Jahren stiefmütterlich behandelt. Dies habe sich zu einem Teufelskreis entwickelt, der sich nun in eine Abwärtsspirale verwandelt. „Der Unmut der Kolleginnen und Kollegen war bei der Enquete zum Greifen spürbar. Der Anspruch des Landes kann nur sein: TOP-Gehälter für die Ärztinnen und Ärzte in Vorarlbergs Spitälern. Wenn wir konkurrenzfähige Gehälter bieten können, werden wir auch genügend Personal finden, um für Entlastung der bestehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sorgen und mehr Zeit für eine qualitativ hochwertige Ausbildung nutzen zu können“, macht Hermann Blaßnig noch einmal den Standpunkt der Vorarlberger Spitalsärztinnen und -ärzte klar. Von dem am Dienstag von Martina Rüscher und Gerald Fleisch vorgestellten Spitalspaket sowie den bereits getroffenen Maßnahmen sei noch nicht viel zu spüren.

Abbildung: Jahresbruttogrundgehälter Steiermark, Burgenland Vorarlberg (Basis 40 Stundenwoche, inkl fixe Zulagen, ohne Dienste) nach Dienstjahren